Die Pause (2017)
Frau P. aus E. sass entspannt in ihrem Sessel auf der Veranda und beobachtete, wie der Wind die Ähren des Lavendels wiegte. Die Sonne schien, die Bienen summten.
Plötzlich ein viel zu lautes „Fuhhh“, das konnte kein Insekt sein! Frau P. aus E. hörte etwas schnaufen. Ein Rascheln hinter dem Holunderbusch in ihrem Garten. Dann eine Aktentasche. Was war denn das? „Fuhhh“. Sie setzte sich auf. Da stakste eine Frau im engen Rock durch das saftige Gras mit den Margeriten, den Kopf auf den Boden gerichtet wie eine Spürnase.
„Guten Tag! Wer sind Sie?“
Die Frau schaute auf, hochrote Wangen, die Augen aufgerissen. „Ich suche …!“ Sie hetzte um die Hausecke und erschien gleich wieder auf der anderen Seite. Sie schaute hier und dort.
„Wer sind Sie denn?“.
Frau „Fuhhh“ hielt inne, eilte zur Veranda, legte die Hand auf das Geländer und rang nach Atem. „Hmm…ich suche .., ich weiss nicht mehr .. was genau eigentlich?“
„So setzen Sie sich doch und erzählen mir, was Sie da tun!“
„Aber nein .. ich suche .. .“ Frau „Fuhhh“ kam die Treppe hoch. „Na gut!“ Sie setzte sich auf die Sesselkante, stellte die Aktentasche neben sich ab und schloss für einen Moment die Augen.
„Aha, jetzt fällt es mir wieder ein!“ Frau „Fuhhh“ verzog die Mundwinkel, als wollte sie lächeln.
„Was suchen Sie denn?“ Frau P. aus E. schaute sie verwundert an.
„Die Pause!“
„Was für ein Zufall! Die bin ich ja!“ rief Frau P. aus E. fröhlich.
„Ach ja?“ Frau „Fuhhh“ sackte erschöpft in sich zusammen und fächelte sich mit der Hand Luft zu. Dann lehnte sie sich in den weichen Sessel zurück.
Nach einer Weile meinte sie: „Ich höre Bienen summen!“
„Ja!“, sagte Frau P. aus E. und stellte ihr ein Glas Wasser hin.
„Und dieser Lavendelduft!“ Frau „Fuhhh“ liess die Hände über die Armlehnen baumeln, streifte ihre Stöckelschuhe ab, lächelte tatsächlich und sagte: „Ahh!“
© Patrizia Parolini